Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden. (Joh 16,20) Dieses Wort Jesu an seine Jünger stammt aus den sogenannten Abschiedsreden. Nur noch wenige Stunden ist er mit seinen Jüngern zusammen. Er spricht mit ihnen über ihre Traurigkeit angesichts seiner bevorstehenden Trennung von ihnen, seiner Verhaftung und seines Todes am Kreuz. Sie werden von da an ohne ihn zurechtkommen müssen. Sie ahnen, sein Abschied bedeutet nicht nur Trennung von ihm – und die ist schon schmerzlich genug -, sondern auch das Ende aller Hoffnungen, die sie auf ihn setzten und die sie mit ihm verbanden, das Ende aller göttlichen Liebe, die er verströmte und austeilte und in der sie sich geborgen wussten.

Aber Jesus spricht im gleichen Atemzug von der Freude. Ihre Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden. Die Jünger verstanden das nicht. Und wir verstünden diese Rede auch nicht, wenn es nicht Ostern gäbe, seine Auferstehung von den Toten. Erst im Lichte des Ostergeschehens verwandelt sich Traurigkeit in Freude. Denn die Glaubenden sind doch nicht allein gelassen. Sondern sie haben Jesus weiterhin an ihrer Seite, allerdings anders als vor seiner Kreuzigung – nicht mehr fleischlich, sondern im Heiligen Geist. In ihm ist er ihnen nahe und teilt die Liebe Gottes und ewiges Leben weiterhin aus an alle, die ihm vertrauen.

Auf den Karfreitag, dem Tag, an dem der Tod alles zunichte zu machen schien, folgte schon am dritten Tag Ostern, der Sieg über den Tod, der Sieg der Liebe Gottes über alles Zerstörerische der Welt. Seitdem ist die Tür offen zu einem Leben, das nicht begrenzt ist durch unsere begrenzte Zeit auf Erden, durch Krankheit und Leid und alles Unrecht, allen Unfrieden und die Lieblosigkeit in dieser Welt. Mit einem einzigen Satz umschreibt Jesus die Verwandlung, die seine Jünger und alle, die ihm vertrauen, erfahren werden: Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.

Wir, die einen lieben Angehörigen oder Freund verloren haben, brauchen länger, um aus der Traurigkeit herauszukommen. Den Jüngern ging es auch schon so. Sie brauchten Zeit. Ihre Traurigkeit verwandelte sich erst, als Jesus einige Zeit nach Ostern ihnen erschien. Da erst wich sie langsam und schlug in Freude um. Was entnehmen wir daraus?
Zum einen: Die Lücke, die ein Mensch, von dem wir Abschied für immer nehmen müssen, schmerzt. Tränen fließen. Die Welt um uns nehmen wir nur noch gedämpft und manchmal fremd und von fern wahr, so als seien wir aus dem alltäglichen Gang der Dinge herausgefallen. Wir trauern. Traurigkeit hat seine Zeit und braucht seine Zeit. Sie sollen wir zulassen und aushalten. Alles Bemühen, damit Trauernde schnell ihre Traurigkeit überwinden, wieder ins „normale“ Leben zurückfinden und Freude haben, hilft nicht wirklich. Das sicherlich liebevoll gemeinte Schulterklopfen mit den Worten „es wird schon wieder“ tröstet nicht wirklich und lässt auch keine Freude aufkommen, sondern versichert allenfalls das Mitgefühl. Und wenn Trauernde sich von ihrem Leid ablenken und sich z.B. voll in ihre Arbeit stürzen, dann verdrängen sie ihre Traurigkeit nur ein Stück weit, aber sie verwandelt sich nicht in Freude.
Zum anderen: Wer einem Traurigen zusagt und ihm versichert, dass sich seine Traurigkeit in Freude verwandeln wird, nimmt den Mund zu voll. Denn das haben wir nicht in der Hand. Dazu bedarf es eines Mächtigeren, nämlich die Kraft und Macht des lebendigen Gottes. In seiner Vollmacht sagte Jesus diese Worte seinen Jüngern zu. Und einige Zeit nach Ostern erlebten sie es auch. Die Traurigkeit wich und unbändige Freude zog in ihr Herz ein. Damit sind Schmerz und Trauer nicht einfach weg. Sie sind vielmehr überwunden und haben nicht mehr das letzte Wort. Die Traurigkeit wird durchleuchtet vom Osterlicht.

Oft ist es ein langer Weg, bis sich so Traurigkeit in Freude verwandelt. Aber es ist der einzige Weg. Denn er führt von der Welt, die von Todesstrukturen gekennzeichnet ist, zum wahren, wirklichen, ewigen Leben bei Gott. Im Licht der Ostersonne verwandelt sich alle Traurigkeit in Freude. Das sagt uns Jesus zu. Dafür ist er gestorben und auferstanden.